Dienstag, 11. November 2008

Was Zarqon sagen könnte

Lieber Du,

ich will versuchen, zwei Deiner Fragen zu beantworten, obwohl eine dieser Antworten meinerseits mindestens wieder eine Fragen aufwerfen wird, dass ist leider jetzt schon abzusehen.

Also: die Zweite und die Dritte Wahrheit sind mitnichten zwei Verkleidungen einer inneren Kombo-Wahrheit oder über Aktion und Passion zu unterscheiden (übrigens sehr geistreich, wenn ich mir auch nicht sicher bin, ob es stimmt), denn:
1. Beide Wahrheiten, die Zweite der Zerstörung (denn Vergehen ist Zerstörung!) wie die Dritte der Erhaltung (wenn Wandel die einzige Beständigkeit und der vermittelnde Ausgleich zwischen Schaffens- und Zerstörungsprozesses ist!), haben sowohl eine aktive als auch eine passive Komponente. Vergehen besteht ja nicht nur in Vergessen-, Verdorben-, Verschwiegen- und Gegessen-Werden sondern auch aus Sterben (Memento Freuds Todestrieb!), Altern, Loslassen, In-der-Zeit-Verrinnen und, allgemeiner, in der Entropiebestrebung der Materie und der Ermüdung der Seele. [Wenn wir endlich satt sind gibt man uns Erde in den Mund.] Und Wandel besteht sowohl aus Lernen, Sich-Verändern, Fressen-und-das-Aas-im-eigenen-Inneren-Umformen, Streiten und Versöhnen als auch aus Verformt-Werden, Auf- und Absteigen in den Augen anderer und dem Führen einer Relikt-Existenz als Erinnerungsspur und Gen-Material in seinen Nachfahren und Werken.
2. Die Dritte Wahrheit ist zwar auch allein für sich genommen wahr, aber nicht umsonst die Dritte. Denn sie hat an den beiden anderen Anteil. Sowenig die Zweite Wahrheit ohne die Erste Sinn macht, so wenig macht es die Dritte ohne die Erste und Zweite. Denn was ist Wandel anderes als der Übergang vom Einen zum Anderen? Wandel ist ja genauso sehr Schaffung des Neuen wie Zerstörung des Alten. Allein in der Wirkung des Alten liegt die Kraft der Erschaffung und nur die Zerstörung des Alten schafft dem Neuen Raum. Die Dritte Wahrheit ist nicht mehr und nicht weniger als die Wahrheit der Wechselwirkung zwischen zwei unversönlichen Antagonisten (ok, das ist jetzt eine Tautologie, klingt aber so schön dramatisch), die die Lücke zwischen dem Erschaffen (Agieren) und seinen Konsequenzen und jener einen letzten Konsequenz der Zerstörung, nach der nichts mehr kommt, schließen muss. Die Dritte Wahrheit ist also der Ourubouros, der große Richter, Schlichter und Versöhner.

→→→Wandel→→→
Erschaffung Zerstörung
←←←Wandel←←←

3. Wahrheiten kommen immer zu dritt, egal ob im Heimsieg-Punktezahl, der Hindu-Triade Brahma-Wischnu-Schiwa und sonstigen Heiligen Dreifaltigkeiten oder den Dreisätzen der Rhetorik und der vermeintlichen DI-alektik. Das weiß sogar der Volksmund; und nicht einmal das binäre Zeitalter kann etwas daran ändern, jedenfalls nicht solang noch Menschen als biologische Bedienelemente an den Rechnern sitzen.

So, jetzt habe ich ewig für die eine Antwort gebraucht und will die zweite mal würzer ausformen. Wie ich Dich verstanden habe, fragst Du mich (oder Dich), was aus diesen Wahrheiten denn nun praktisch folgen soll. Ein Leben als Handelnder, der möglichst viel bewegen und bewirken will? Oder eins als Entsagender, der sich klein macht, um sich auf möglichst Weniges auszuwirken? Wenn dies also die Frage war: Na nichts (bzw. weder-noch). Wenn Einer was bewirken will - soll er doch. Wenn er lieber gleich Erde essen will - soll er das. Und wenn einer glaubt, dadurch der Dritten Wahrheit näher zu kommen, soll er doch Obama wählen (der bislang weder viel erschaffen noch zerstört hat - und wenn das so bleibt, schreien Diesselben bald wieder die gleichen Parolen.). Der Unversalismus der Wahrheiten verbietet ihre individuelle Wirkung, und daraus folgt schlechtestenfalls Verzweiflung und bestenfalls Gelassenheit. (Ich rate zu letzterer.)Und meine Frage lautet also: Warum fragst Du?

Bald mehr, muss noch bastardisieren/rumfuzzen

Bis später

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