Mittwoch, 12. November 2008

Stürmischer Gute-Nacht-Gruß

Lieber Tornado in Wartestellung (falls ich Deinen horizontalen Kreiselwunsch richtig verstehe),

es fällt mir schwer, Deiner Sturm-und-Drang-Unzufriedenheit irgendetwas entgegenzusetzen, alldieweil Du ja recht hast. Wenn Saufen nicht mehr hilft, sieht's wahrlich übel aus. Also was schaffen oder was zerstören. Hier eine Liste an Vorschlägen ("S" meint Schaffen, "Z" Zerstören; bitte verzeih die ungeliebten Abkürzungen, aber ich schreibe nicht so gern immer wieder dasselbe, das muss ich schon in meiner Unfreizeit bis zum Erbrechen):

S1: Buch schreiben, insbesondere eins über einen frustierten Mittdreißiger mit Sinnkrise, der in Folge ganz zwingender Folgerichtigkeiten seine sogenannte Familie verlässt, seine sogenannten Freunde ermolcht und schließlich wahnsinnig bekifft oder berühmt oder beides wird. Ende hübsch offen lassen für Teil 2, der dann in den Mittvierzigern spielt.

S2: Pornographische Zeichnungen anfertigen. Nötigenfalls wichsen, falls man nicht mehr damit aufhören kann. Möglicherweise im Anschluss Gedicht darüber schreiben, denn Selbstekel ist DIE neue Inspiration der Nuller-Jahre.

S3: Zoo-Tier-Partnerschaft übernehmen und dem Viech beim Wachen, Fressen, Kacken und Schlafen zukieken. Das Ganze dokumentieren. Freunde zum Miterleben einladen und per SMS, E-Mail und Dia-Abend auf dem Laufenden halten. Aber Finger weg vom Eulenschwalm, das ist meiner!

Z1: Eine Tüte mit brennendem Hundekot vor der Tür des RTL-Hauptstadtstudios ablegen, kiechern und weglaufen. Nach Tagesform eventuell über die Straße gehen und das Ganze vor der Tür des ARD-Hauptstadtstudios wiederholen. In der nächsten Stufe die Tüte in einem offenen Fenster platzieren.

Z2: Grundlos oder begründet die nächstbeste Kulturveranstaltung verreißen, aber RICHTIG. Alternativ einen maximal 30jährigen als Stasi-Spitzel outen, vorzugsweise einen Redakteur oder Autor der Jungen Welt oder Jungen Freiheit. Bei Bedarf im Anschluss auf persönliche Probleme verweisen und dann als wahrer Journalist gelten.

Z3: Beim nächstliegenden Wir-Lesen-Zusammen-Das-Kapital-Event mitmachen. Eigenes, in roter Schutzhülle eingeschlagenes Exemplar von Winnetou II dabei haben und beliebige Seiten diskutieren. Weitere Abendgestaltung flexibel anpassen. Tomahawk nicht vergessen!

SZ-Kombi-Variante für Fortgeschrittene: Im sicheren Abstand vor dem Bundestag ein selbstbemaltes Pappschild mit der Aufschrift "Gegen Online-Durchsuchungen" hoch- und niederhalten. Potentielle Mitstreiter verjagen, insbesondere solche, die belegte Brote, Kaffee oder Schnaps dabei haben. Wenn einem dann richtig kalt und langweilig ist noch mindestens sechs Stunden dranhängen, denn nur die Einsamkeit adelt den Protest. Anschließend nach Hause gehen, ausschlafen (geht notfalls auch auf dem Polizeirevier) und sich der Sinnhaftigkeit gewöhnlicherer Tätigkeiten neu versichern. Kann bei Bedarf wiederholt werden.

So, jetzt gehe ich aber Schlafen (oder Zeichnen). Schreib mir!

Dein R

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